Die Theaterinszenierung von Harald Müllers "Totenfloß" durch den Projektkurs Theater der Q1 ist die eindrucksvolle Darstellung eines postapokalyptischen Deutschlands nach radioaktiven Fallout. Der Boden, die Luft und das Wasser sind vergiftet. Menschlichkeit und Kultur verkörpern lediglich Relikte in einem Szenario, das sich ausschließlich auf das nackte Überleben konzentriert. Mitten in dieser verseuchten Umwelt reisen Checker und Itai (kongenial gespielt von Illesa Jackson-Klönther und Jessica Hauke) wie moderne Gralsritter auf der Suche nach dem sagenumwobenen und utopischen Xanten, in dem es sich vermeintlich noch leben lässt. Auf ihrem Weg warten zahlreiche Herausforderungen, bis es ihnen gelingt mit Kuckuck (Luis Zerweck) und Bjuti (Serafina Thomüller), weiteren Todgeweihten dieses unbewohnbaren Ödlands, mithilfe des Totenfloßes den Rhein zu befahren.
Die moderne Inszenierung unter der Regie von Astrid Matthäus und Jörg Dohlen zeichnet sich durch eine intensive und laute Atmosphäre aus, die das dystopische Szenario lebendig werden lässt. Nicht zuletzt dank des intensiven Spiels und der überzeugenden Videotechnik wird Checkers Odyssee nach Xanten zu einer Anklage an die ältere Generation, die die Zerstörung der Welt zugelassen hat. Die Atomkatastrophe liest sich dabei wie eine Parabel auf den Klimawandel.
Diese Produktion ist nicht nur ein kulturelles Ereignis, sondern auch ein mahnender Appell. Die euphorische Aufnahme durch das Publikum zeigt, dass "Das Totenfloß" eine unvergessliche Erfahrung ist, die noch lange nachwirken wird.
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